Passau und die Fremden

Foto: Toni Scholz

Foto: Toni Scholz

Als vergangenes Jahr nicht nur hunderte, sondern sogar tausende Flüchtlinge plötzlich in Passau strandeten, jammerten die Passauer nicht, sondern handelten. Eine Bäckerei am Bahnhof spendete Brot und Kuchen, die Löwenbrauerei baute ein Bierzelt für die Wartenden auf und unzählige Passauer Bürger organisierten sich und teilten sich in die verschiedensten Schichten ein, um zu helfen oder spendeten ihrerseits Geld und die benötigten Dinge.  Als später dann irgendwann eine AfD-Demo in Passau stattfand, mussten viele AfDler mit dem Bus von weit her angekarrt werden, während die Passauer dagegen demonstrierten und für jeden zurückgelegten Meter der AfD-Demo Geld für Flüchtlinge sammelten. Chapeau, Passau!

Flüchtlinge bei ihrer Ankunft in Achleiten bei Passau im Herbst 2015 (Foto: Markus Zechbauer www.zema-foto.de)

Flüchtlinge bei ihrer Ankunft in Achleiten bei Passau im Herbst 2015 (Foto: Markus Zechbauer www.zema-foto.de)

Ich bin so wahnsinnig stolz auf unsere Stadt und ihre Bewohner, wie toll dies hier alles ablief. Aber es brachte mich auch ins Grübeln – vielleicht lag es ja auch ein wenig an der wechselvollen und langen Geschichte, die Fremde und Passau verbindet…?

Eigentlich fing es ja bereits vor über 2000 Jahren an: Römer vertrieben die hier ansässigen Germanen, beschlossen, dass hier zwei Grenzen verlaufen sollten (zwischen Noricum und Rätien nach Süden und zwischen dem Römischen Reich und Germanien durch die Donau nach Norden). Aber es waren nicht nur die Vorfahren der italienischen Eiscremeverkäufer, die sich hier ansiedelten bzw. hier stationiert waren. Wussten Sie z.B. dass sich der Name Passau aus dem Namen des Kastells „Batavis“ entwickelt hat, das wiederum auf die Bataver, einem Volksstamm und Söldnern aus dem Gebiet der heutigen Niederlande, zurückging? Passau verdankt also sogar Fremden seinen Namen!

Aber es ging so weiter (und mein Beitrag erhebt noch nicht einmal einen Anspruch auf Vollständigkeit!)! Nach der Gründung des Bistums Passau 739 und erst recht nachdem die Bischöfe zu Fürstbischöfen wurden, regierten einmal Bayern, einmal Österreicher, Sachsen oder Adlige aus anderen Teilen des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation unsere Stadt – Passauer waren da nie dabei – ist ja klar, denn die Bürger waren ja nicht adlig und als solche durften sie nie Fürstbischof werden. Fremde Fürsten prägten also über Jahrhunderte die Geschicke der Stadt! Aber damit nicht genug!

Die selige Gisela fand nach dem Tod ihres Mannes, dem Hl. Stephan von Ungarn, in Passau Zuflucht und in Kloster Niedernburg eine neue Heimat.

Durch die Lage an den drei Flüssen war Passau außerdem perfekt für den Handel prädestiniert: daher waren fremde Schiffer, Händler und Salzsäumer allgegenwärtig in der Stadt. Passau verdankte den Fremden seinen Wohlstand durch Handel! Dazu kamen nach dem verheerenden Brand 1662 viele italienische Baumeister und Künstler, die Passau architektonisch zu dem machten, was Sie heute sehen.

Des weiteren hatte sich ja selbst Kaiser Leopold 1683 mitsamt Hofstaat und schwangerer Ehefrau von Wien nach Passau geflüchtet, um Mut und Kraft zu sammeln, die Osmanen schließlich am Kahlenberg zu konfrontieren….

Aber auch in unserer neueren Geschichte hatte und hat Passau viel mit Fremden zu tun! Während des 1. Weltkrieges internierte man hier Franzosen (u.a. Charles de Gaulles) fern von deren Heimat, nach dem 2. Weltkrieg landeten viele Deutsche aus den Ostgebieten hier und blieben. Für die Ungarn, die 1956 vor den Kommunisten flüchteten, war Passau die erste Station in Deutschland, gefolgt von den Menschen aus der ehemaligen DDR, die hier 1989 ankamen oder den Flüchtlingen der Kriege im ehemaligen Jugoslawien.

Russenkai (Foto: Toni Scholz)

Russenkai (Foto: Toni Scholz)

Daneben fing der Tourismus und auch der Schiffstourismus langsam an, wichtiger zu werden. Ein Teil der Promenade an der Donau heißt sogar Russenkai! Die 1978 gegründete Universität brachte viele Studenten nach Passau, die oft von weit entfernten Gegenden Deutschlands kamen und mit denen die Verständigung oft auch gar nicht einmal so leicht war… Außerdem kamen natürlich im Laufe der Zeit auch die vorher erwähnten italienischen Eisdielen- und Pizzariabetreiber nach Passau, Jugoslawen, Türken, Chinesen u.v.m. …. wie in anderen Städten auch.

Fest der Nationen (Foto: Toni Scholz)

Fest der Nationen (Foto: Toni Scholz)

Und heute? In der Grundschulklasse meiner Tochter sind gefühlte dreiviertel der Kinder nicht deutscher Herkunft: dabei ist ein Mädchen aus Japan, ein Schüler aus Lateinamerika, Russlanddeutsche, Kinder aus Rumänien, Bulgarien, Polen, dem Kosovo u.v.m. Ist es schwierig und  – vor allem für die Lehrerin – anstrengend? Ja, auf alle Fälle! Ist es ein Problem? Nein, bestimmt nicht! Meine Tochter könnte sich keine andere Klasse vorstellen! Die Eltern eines der besten Freunde meines Sohnes kommen aus dem Iran. Und bei mir selbst im Unterricht haben gerade zwei Flüchtlinge aus Afrika durch Fleiß und Engagement ihren mittleren Bildungsabschluss erreicht.

Passau ist also ziemlich bunt und ohne die Fremden, die es in verschiedenster Weise über die Jahrhunderte prägten, wäre es nicht die Stadt, die ich so sehr liebe!

Passau und das Bier

 

Als ich 1991 anfing, Gästen Passau zu zeigen, war die Rechnung noch ganz einfach und übersichtlich: 5 Brauereien bei ca. 50.000 Einwohnern, und somit hatte Passau eine höhere Brauereidichte pro Einwohner als München – das blieb hängen!

Doch jetzt? Wie viele Brauereien gibt es eigentlich noch in Passau? Und was macht deren Besonderheit aus?

Wer es sich leicht macht, sagt, das man schließlich noch das Bier aller 5 Brauereien kaufen kann: Andorfer, Hacklberg, Innstadt, Löwenbrauerei Passau, Peschl…. aber ganz so leicht machen wir es uns hier nicht!

Fangen wir einmal mit der Peschl-Brauerei an – schließlich war sie lange Zeit die älteste Brauerei Passaus gewesen – nachweisbar ab 1259 (gegründet vermutlich bereits davor). Damit galt sie auch als eines der 100 ältesten Unternehmen Deutschlands – was aber die Familie Peschl 2008 auch nicht davon abhalten konnte, sie an die Brauerei Aldersbach zu verkaufen, die heute noch das Peschl-Bier produziert und vertreibt. Ich kenne einige Passauer, die damals sehr traurig darüber waren, nicht mehr “ihr” Peschl Bier direkt aus “ihrer” Brauerei abholen zu können. Das große Areal der ehemaligen Brauerei nahe beim Stadtzentrum wird bald komplett umgestaltet und bebaut.

Peschl Quartier

Peschl Quartier

Die zweitälteste Brauerei Passaus, die 1318 gegründete Innstadt-Brauerei (http://www.innstadt-brauerei.de/), ist trotz ihres hohen Alters für mich die “jüngste Brauerei Passaus”, was bestimmt mit der Werbung, aber auch mit der Einführung der Bügelflasche 2002 zu tun hat, als dies noch etwas Besonderes war. Geschichtlich interessant finde ich, dass sie bereits 1914 begonnen hatte, auch Limonaden herzustellen (jedem Passauer ist das “Chabeso” ein Begriff) und damals sogar die größte Brauerei Niederbayerns war. Ein Kollege von mir in den 1990iger Jahren antwortete einmal auf die Frage einer Gruppe, was denn das beste Bier Passaus sei, mit: “Das Hacklberger!”. Leider war ihm vorher nicht gesagt worden, dass diese Gruppe sich auf Einladung der Innstadt-Brauerei in Passau befand, so dass diese Antwort wohl nicht die gewünschte bzw. erwartete war. Hätte er es heute gesagt, wäre es kein Problem gewesen, denn auch die Innstadt-Brauerei gibt es eigentlich nicht mehr – 2014 wurde sie komplett (nach ein paar Jahren der Liaison mit Ottakringer) durch die Brauerei Hacklberg übernommen. Die frei gewordenen Flächen in der Innstadt werden momentan ebenfalls komplett neu bebaut und gestaltet.

Brauerei Hacklberg im gleichnamigen Statdtteil

Brauerei Hacklberg im gleichnamigen Statdtteil

Nun also Hacklberg (http://www.hacklberg.de/): mindestens seit 1618 wird im Passauer Stadtteil Hacklberg in der Nähe der Quelle im Fuchsloch bischöfliches Bier gebraut. Damit ist diese Brauerei eine der wenigen kirchlichen Brauereien Bayerns, die als Kirchenbesitz gegründet wurden und sich auch heute noch bzw. wieder in Kirchenbesitz befinden. Zwar ging auch hier die Säkularisation nicht spurlos an ihr vorüber, aber “am 13. Mai 1897 konnte der Passauer Bischof die Brauerei für 850.000 Goldmark wieder erwerben.” (Quelle: Wikipedia) Heute ist vor allem das komplett neu gestaltete Bräustüberl sowie der große alte Biergarten, wo man noch sein eigenes Essen mitnehmen darf, im Sommer ein beliebter Treffpunkt – sowohl für alteingesessene Passauer als auch für “zuagroasste” Studenten, die das Leben in Bayern fern der Heimat genießen möchten.

Die kleinste (aber deshalb nicht minder feine!) Brauerei ist die Brauerei Andorfer (http://andorfer-weissbraeu.de/), die oben auf der Ries ihr Weißbier herstellt. Wobei, so ganz stimmt das ja jetzt auch nicht mehr…. Seit Ende 2015 braut die Löwenbrauerei Passau auch das Andorfer-Weißbier, allerdings genau nach dem Rezept und den Vorgaben der Andorfers. Eine besondere Ausflugsgaststätte mit leckerem Bier (vor allem dem Weizenbock!) bleibt die 1905 gegründete Brauerei trotzdem noch!

Nun zu der Brauerei, die meines Erachtens Passau am stärksten geprägt hat und hoffentlich noch lange prägen wird: der Löwenbrauerei Passau AG (http://www.loewenbrauerei.de/). Ihre Ursprünge gehen zwar wahrscheinlich bis 1333 zurück, aber erst in der neueren Geschichte wird es interessant: “1873 lernte der junge Kaufmann Franz Stockbauer den Passauer Brauereibesitzer Franz Xaver Wieninger kennen und kaufte für 200.000 Gulden dessen Brauerei. Am 1. Mai 1874 eröffnete Stockbauer den Betrieb in der Bräugasse, wo sich damals der Standort befand.” (Quelle: Regiowiki Niederbayern und Altötting).

1906 wurde bereits die Aktiengesellschaft gegründet und – was für Passau entscheidend ist – 2011 die Franz und Maria Stockbauer´sche Stiftung ins Leben gerufen. Die beiden hatten keine Kinder und daher gehört nun die Brauerei zu 97 % der Stiftung, deren Zweck es ist, hilfsbedürftige Personen sowie kulturelle und karitative Zwecke zu unterstützen und Studierende zu fördern. Wer kann sich Passau heute ohne den Fünferlsteg, den Wittelsbacher-Brunnen am Residenzplatz, das Rathaus ohne Rathausturm und ohne Ratskeller, ohne Hängebrücke oder ohne die Erweiterung des Innstadtfriedhofes vorstellen? Bei all diesen Maßnahmen war Franz Stockbauer maßgeblich beteiligt! Heute unterstützt die Stiftung immer noch Studierende mit einem eigenen Stockbauer-Stipendium, das in das Stipendienprogramm der Bundesregierung integriert ist, und hilft karitativ tätigen Vereinen und Personen, die Hilfe nötig haben. Daneben wird aber auch in Zukunft das Bild Passaus durch die Brauerei und die enge Kooperation mit der Universität Passau geprägt, denn am 21. Juni 2016 wurde der Erbbaurechtsvertrag mit der Löwenbrauerei unterzeichnet, der der Universität nun 60 Jahre lang die Nutzung von einem 5.200 qm großen Grundstück am Passauer Spitzberg sichert. Viele Passauer hoffen nun neben neuen Unigebäuden vor allem auf ein Konzerthaus “durch die Hintertür” in exponierter Lage mit einem fantastischen Blick auf die Stadt.

Die Löwenbrauerei bei Nacht

Die Löwenbrauerei bei Nacht

Was bereits im letzten Jahr geschah, war die Neueröffnung des Ratskellers als Löwen.Brauhaus.Passau, wo man jetzt im sanierten und umgebauten Lokal die prämierten Biere genießen und sich dabei auch sicher sein kann, damit einen guten Zweck zu unterstützen. In diesem Sinne: Prost!

Wer sonst noch mehr über das Bier in Bayern an sich erfahren möchte, schaut am besten bis Ende Oktober in Aldersbach vorbei: dort läuft nämlich gerade die Bayerische Landesausstellung zu diesem Thema. Mehr Infos finden Sie unter: http://www.landesausstellung-bier.de/ oder bald hier auf dieser Seite ?